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Die folgenden Fragen wurden von der Gewerkschaft ver.di entwickelt und durch den Genderausschuss einer Mitarbeitervertretung im Arbeitsfeld der Behindertenhilfe angepasst und ergänzt. Die Fragen dienen dazu, Projekte und Maßnahmen in Organisationen auf eine einfache Weise auf die Berücksichtigung von Geschlechteraspekten hin zu überprüfen.

Leitfragen zur Genderprüfung in Organisationen:
1. Welche Ziele liegen der Entscheidung zu dieser Maßnahme zu Grunde, was soll mit der jeweiligen Maßnahme, mit dem beschriebenen Projekt oder in dem Arbeitsfeld etc. erreicht werden?
2. Welche Auswirkungen haben die in der Vorlage beschriebenen Sachverhalte auf Frauen und Männer in ihren jeweiligen Lebensentwürfen? Oder konkreter: Wie werden durch die geplante Maßnahme Frauen und Männer spezifisch angesprochen?
3. Welche genderspezifischen (Teil-) Ziele können benannt werden bzw. wurden im Vorhinein formuliert? Anders gefragt: Welcher Beitrag zu (mehr) Geschlechterdemokratie soll mit der Umsetzung des Ziels erreicht werden?
4. Gibt es genderspezifische Daten und Erkenntnisse („Genderwissen“), die die unterschiedliche Betroffenheit von Frauen und Männern verdeutlichen? Sind die Sachverhalte in dieser Vorlage daraufhin überprüft worden?
5. Sollte genderspezifisches Wissen nicht vorliegen: Welche Daten und Erkenntnisse werden benötigt und welche Hilfestellungen sind erforderlich, um diese verfügbar zu machen?
6. Haben Frauen Nachteile durch die Entscheidung, das Projekt oder die Maßnahme? Wie sollen diese Nachteile verhindert werden?
7. Haben Männer Nachteile durch die Entscheidung, das Projekt oder die Maßnahme? Wie sollen diese Nachteile verhindert werden?
8. Wie wird sichergestellt, dass die Maßnahme auf ihre geschlechtspezifischen Auswirkungen überprüft wird? Zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise wird die Maßnahme überprüft? Wer ist dafür zuständig?

Am Beispiel einer fiktiven Maßnahme – Verbesserung der Gesprächsstruktur in der Dienstbesprechung in Team „Ikarus“ als ein Ergebnis des Gesundheitsworkshops- soll im Folgenden der Umgang mit diesen Fragen erläutert werden:

Frage

 

1.

Bessere Strukturierung von Informationen und Diskussionen; besserer Austausch zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten; größere Verbindlichkeit von Entscheidungen; Stärkung der Diskussionsbeteiligung von Kolleginnen. Eine größere Akzeptanz für die Vielfalt der Fähigkeiten im Team zulassen und stärken.

2.

Es sollen die unterschiedlichen (geschlechtsspezifischen und individuellen) Kompetenzen von Frauen und Männern angesprochen, gestärkt und im Team verfügbar gemacht werden.

3.

Entgegenwirken durch Sensibilisierung der Kolleginnen in Bezug auf die Redezeit von Männern und Frauen und das gegenseitige Ausredenlassen.

4.

Bewusstmachung der unterschiedlichen Rollen von Frauen und Männern und ggf. ihre Veränderung; Unterstützung von Redebeiträgen und Aktivitäten derjenigen im Team, die eingeschränkt zu Wort kommen; Verringerung der Informationsdefizite von Teilzeitbeschäftigten; Diskussion von Zeit und Ort des Dienstgespräches.

5.

Trotz der Verteilung von Frauen und Männern in den Einrichtungen von etwa zweidrittel zu eindrittel, sind es v.a. die Männer, die Vollzeitstellen besetzen und bzgl. der zeitlichen Spielräume und dem Zugang zu Informationen „mehr im Geschäft sind“;

Frauen werden eher emotionale, Männern strukturierende Fertigkeiten zugesprochen.

Die üblichen Zeiten von Dienstgesprächen sind häufig von Teilzeitkräften oder Beschäftigten mit schulpflichtigen Kindern nur eingeschränkt wahrnehmbar.

6.

Daten zur Tätigkeitsart (Vollzeit/Teilzeit) und Kinderzahl (Begründung: Frauen arbeiten oft in Teilzeit und haben eine zusätzliche „private“ Belastung durch Haushalt, Kindererziehung und. Pflege von Familienangehörigen). Verteilung von Sonderaufgaben wie PC- oder Sicherheitsbeauftragte etc.

7.

Nein. Es soll verstärkt auf die Unterstützung der Redebeiträge von Frauen oder derjenigen geachtet werden, die sich seltener zu Wort melden oder zu Wort kommen. Diese Steuerung der Redezeit soll eine Aufgabe der Moderation sein.

8.

Nein. Es soll verstärkt auf die Steuerung und Begrenzung der Redebeiträge von Männern oder derjenigen geachtet werden, die sich häufig zu Wort melden, zu Wort kommen oder deren Redebeiträge lang sind. Diese Steuerung der Redezeit soll eine Aufgabe der Moderation sein.

9.

Halbjährliche Auswertung im Team, Festlegung der Verantwortlichkeit.

Leitfragen bieten die Möglichkeit, in einem konkreten Arbeitszusammenhang wie auch in Projekten, eine Sensibilität für konkrete geschlechtspezifische Unterschiede und Gender Mainstreaming i.A. herzustellen. Unterstützend wäre dabei eine Vereinbarung im Projektteam, diese Fragen bei jeder Maßnahme zu bearbeiten und z.B. durch das Aufhängen an den vier Wänden des Besprechungsraumes zu visualisieren. Eine Visualisierung erleichtert unserer Erfahrung nach die Übernahme von Verantwortung für das Thema durch alle Teammitglieder.

Quelle:
Janßen, Chr.
Gender Analyse als Baustein zu einer geschlechtersensiblen betrieblichen Gesundheitsförderung,
Verhaltenstherapie & Psychosoziale Praxis, 2007, 1, 99-108
vgl.
- Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft, fit für Gender Mainstreaming, Berlin, 2002, S.37
- v.Bodelschwinghsche Anstalten Bethel, Mitarbeitervertretung im Stiftungsbereich Behindertenhilfe - Gender-Ausschuss, Leitfragen zur Genderprüfung, Bethel, 2003


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